Brexit und die folgen für Importeure & Online-Händler

Nach monatelangen, haarsträubenden Verhandlungen haben sich die europäische Union und Großbritannien (UK) am 24. Dezember 2020 auf ein Abkommen geeinigt, das ihre wirtschaftlichen Beziehungen auf ein neue Grundlage stellt. Die Abwicklung vieler kommerzieller Transaktionen über den Ärmelkanal werden sich ab dem 01. Januar 2021 dennoch grundlegend ändern, besonders für Importeure und Händler von Waren, die nun aus einem Drittland nach Europa importiert werden.

Grundsätzlich haftet jeder Verkäufer für die Gebrauchs- und Funktionstüchtigkeit seiner Produkte, sowie für Folgeschäden, wenn Eigenschaften ausdrücklich zugesichert wurden. In einem Schadensfall muss der Fehler auf die hergestellte Sache zurückzuführen sein und dem Hersteller ein Verschulden nachgewiesen werden. Doch wie sieht die Haftung für Hersteller / Importeure grundlegend aus, die ihre Waren aus Großbritannien importieren?

Laut europäischen Produkthaftungsgesetz ist derjenige Hersteller, der laut Gesetz ein Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt herstellt. Auch derjenige, der mittels Anbringen seines Namens oder der Marke sich als Hersteller ausgibt. Erfolgt der Import aus einem Land, welches nicht dem europäischen Wirtschaftsraum entspricht (EWR), so gilt der Importeur ebenfalls als Hersteller und haftet wie dieser.

Somit haften Importeure, die ihre Waren außerhalb des EWR´s importieren, für

  • Konstruktionsfehler
  • Fabrikationsfehler
  • Konstruktionsfehler
  • Produktbeobachtungsfehler
  • und Entwicklungsfehler.

Durch den Austritt aus der EU müssen sich Händler auf eine Verschärfung des Haftungsrisikos, als auch ihre Pflicht nach Produktsicherheit, einstellen. Die europäische Union hatte mit dem Erlassen verschiedener Richtlinien und Verordnungen das Ziel, ein gleiches Sicherheitsniveau für eine Vielzahl von Produkten zu erreichen. Teilweise wurden die Verordnungen der Mitgliedstaaten in nationale Vorschriften umgesetzt, wie beispielsweise das Elektro- und Elektronikgerätegesetz in Deutschland. Es gibt hierzu fundamentale Sicherheitsstandards, verbotene Inhaltsstoffe sowie Kennzeichnung, Information und Meldepflichten. Beachtet werden muss, dass es sich hierbei um jegliche Produkte aller Arten von Industriezweigen handelt.

Wie schon oben erwähnt müssen sich Händler / Online-Händler darauf einstellen, dass sie haftungsrechtlich bei Importen aus Großbritannien genauso behandelt werden, wie wenn Produkte aus China, Indien oder aus den USA importiert werden. Die Haftung beginnt dabei jedoch nicht erst im Schadensfall, sondern fängt durch die Verantwortung eines Händlers weit vorher an. Beispielhaft kann genannt werden, dass Importeure verantwortlich für Konformität und CE Kennzeichnungen sind. Darüber hinaus spielt der Importeur eine erhebliche Rolle bei der Gewährleistung der Rechtskonformität von seinen importierten Produkten. Erkennt der Importeur Zweifel an der Konformität seiner Produkte, dürfen diese nicht vertrieben werden. Durch den Austritt Großbritanniens (BREXIT) kann Betreff der CE-Kennzeichnungen der erste Fallstrick lauern. Durch den Austritt Großbritanniens verlieren die dort angesiedelten Prüfinstitute ihren EU Status. Dadurch können die Prüfinstitute keine gemeinschaftsweiten Konformitätserklärungen mehr abgeben. Hierzu ist es ratsam, dass der Importeur nun sicherstellt, dass die erstellten Konformitätserklärungen nicht ihre Zulassung / Gültigkeit verlieren.

Die Verantwortung eines Importeurs, welcher Waren aus einem Drittland bezieht, macht auch vor der Verantwortung für die Verpackung und Entsorgung nicht halt. Jeder Importeur muss vor dem Inverkehrbringen von Waren entsprechend prüfen, ob ihm Registrierungs- oder Meldepflichten treffen, als Beispiel gilt hier das neue Verpackungsgesetz voran.

War es noch früher möglich in einem Schadensfall binnen einem Monat den Hersteller in Großbritannien zu nennen, um sich bei Haftungsansprüchen zu exkulpieren, so besteht aktuell eine Gesamthaftung durch den Importeur, welcher jedoch auch einer Produktbeobachtungspflicht nachkommen muss. Gleiches gilt für die Durchführung von Stichproben nach dem Erhalt von Waren.

Entsprechen Produkte nicht der Rechtsvorschriften der europäischen Union und wurden diese von einem Importeur in Verkehr gebracht, besteht eine Verpflichtung unverzüglich darauf zu reagieren und die Produkte zurückzunehmen oder gar einen offiziellen Rückruf (bei Gefahr für Leib und Seele) durchzuführen.

 

Der Brexit und die Folgen für meinen Versicherungsschutz (Betriebshaftpflicht- und Produkthaftung)

Somit müssen Unternehmen, die ihre Produkte aus UK beziehen klären, inwieweit sie alle Konformitätserklärungen einhalten, als auch ihren Pflichtenkreis und ihre daraus resultierende Verantwortung für die Sicherheit der Produkte, umgehend prüfen.

Versicherungstechnisch ist, wenn bereits ein Schutz für Importeure aus Staaten außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes vorliegt, in der Regel nichts Weiteres zu tun. Denn durch den in der Regel in der Betriebshaftpflichtversicherung vorhandenen Punkt erweiterte Vorsorge, sind Veränderungen unterjährig grundsätzlich mitversichert. Ist jedoch in der Betriebshaftpflichtversicherung nur ein Import aus europäischen Mitgliedsländern versichert und werden Waren aus Großbritannien bezogen, ist ein umgehendes Handeln erforderlich, um den Versicherungsschutz weiter aufrechtzuerhalten. Hierzu ist es empfehlenswert, mit dem Versicherer in Kontakt zu treten, damit die Importe und damit einhergehend die Hersteller-Risiken, aus Drittländern abgesichert werden.