Sehr häufig entstehen in der Wohngebäudeversicherung Schäden durch undichte Fugen an den Wänden oder in Sanitäreinrichtungen. Die Folge kann von einer kleinen feuchten Stelle bis hin zur Durchmessung der Gebäudesubstanz führen. Dabei sind die Gründe für den Wasseraustritt ebenfalls sehr unterschiedlich. So kommt es vor, dass durch mangelhafte Handwerksdienstleistungen Wasser seinen Weg in die Gebäudesubstanz findet oder die Zeit an den Fugen nagt und so das Wasser anschließend seinen Weg findet. Auch können beschädigte Fliesen innerhalb des Sanitärbereiches dazu führen, dass Wasser bestimmungswidrig austritt.
Während der Schaden durch einen mangelhaften Einbau eines Handwerkers in der Praxis noch leicht durch zu exerzieren ist (ein Fall für die Betriebshaftpflichtversicherung), wird es bei den anderen Fällen schon schwieriger.
Besonders bei Hausverwaltungen und deren verwalteten Mehrfamilienhäusern, sind die Wasserschäden durch eine undichte Silikonfuge stets ein großes Streitthema. Denn handelt es sich bei der betroffenen Wohnung um einen Sondereigentum, muss der Eigentümer für den Schaden aufkommen, wenn die Gebäudeversicherung nicht leistet.
Definitionen
In den Versicherungsbedingungen ist definiert, dass der Versicherer einen bestimmungswidrigen Austritt von Leitungswasser sehen muss, damit ein versicherter Schaden vorliegt. Oftmals argumentieren Versicherer, dass der Leitungswasseraustritt nicht im direkten Bereich zwischen Armatur und Abfluss erfolgt ist. Wie diese Fälle in der Praxis gehandhabt werden, soll später genauer ergründet werden. Zunächst muss definiert werden, was die einzelnen Wasserarten genauer bedeuten.
- Leitungswasser
Die Leitungsrohre dienen zur Frischwasserversorgung eines Hauses. Kommt es nun zu einem Austritt des Leitungswasser aus den Rohren, liegt ein Versicherungsfall vor. - Regenwasser
Regenwasser ist die gesammelte Form von Niederschlägen, welche vom Dach anschließend in die Kanalisation geleitet wird. - Planschwasser
Eine genaue Definition von Planschwasser gibt es nicht, jedoch ist davon auszugehen, dass es sich bei Planschwasser um einen Wasseraustritt handelt, der beim Baden verursacht wird. - Brauchwasser
Das durch das Leitungsnetz beförderte Frischwasser wird zum Brauchwasser, wenn es für den dafür verwendeten Zweck (Duschen, Baden etc.) verwendet wird und anschließend in der Kanalisation als Abwasser endet. - Abwasser
Das Brauchwasser kann ohne Hinzufügen von fremden Stoffen oder mit Hinzufügen von sonstigen Stoffen (wie beispielsweise Exkremente) zu Abwasser werden. Im Gegensatz zu Leitungswasser erfolgt keine Führung des Wassers mit Druck, sondern meist mit Gefälle.
Sind die Ablehnungen der Wasserschäden durch undichte Fugen seitens des Versicherers rechtens?
Die Argumentationsweisen der Versicherer sind je nach Unternehmen, Rechtsabteilung und Schadensregulierung sehr unterschiedlich. Doch meist ist die Argumentationskette identisch:
Das entstandene Brauchwasser (durch die Benutzung des Duschkopfes) ist bestimmungsgemäß dort ausgetreten. Dementsprechend liegt kein Versicherungsschutz vor, da nur der bestimmungswidrige Austritt von Leitungswasser versichert sei, jedoch nicht der Austritt von Brauchwasser über undichte Silikonfugen.
Im Sanitärbereich werden die unterschiedlichsten Abdichtungssysteme verwendet, damit unterbunden werden kann, dass kein Wasser austritt. Dabei können gewisse Harze für eine Dichtigkeit sorgen, als auch Dichtschlämme. Beides ist für den Laien eher schwer zu erkennen. Bekannter, besonders verwendet bei Duschen und Badewannen, sind die Abdichtungsbänder. Die bekannten Silikonfugen (meist in weiß) stellen jedoch keine Dichtigkeit dar, sondern sorgen primär als Sichtfuge für den Abschluss der sanitären Arbeiten.
Heutzutage muss sich jeder Handwerker an die DIN Normen halten, die dafür sorgen, dass die Duschtasse nicht direkt an die Fliesen angesetzt wird und die Silikonfuge keine Abdichtungsrelevanz besitzt.
Gerichtsurteile
So wünschenswert eine höchstrichterliche Rechtsprechung oder auch einheitliche Definition seitens der Versicherer auch wäre, so unterschiedlich sind die bestehenden Rechtslagen und Urteile der Gerichte. Teilweise fallen diese sogar widersprüchlich aus.
Amtsgericht Düsseldorf (Urteil vom 27.09.2001; 42 C 9839/01)
Das Amtsgericht Düsseldorf sieht einen bestimmungswidrigen Austritt von Leitungswasser, wenn Duschwasser aufgrund von einer undichten Silikonfuge in eine Wand oder Decke austritt und damit einen erheblichen Schaden am versicherten Gebäude verursacht. Hier ist das Amtsgericht Düsseldorf der Auffassung, dass der Schaden durch die undichte Silikonfuge seitens des Gebäudeversicherers reguliert werden muss.
Oberlandesgerichts Schleswig vom 11.06.2015 (Aktenzeichen 16 U 15/15)
Ein ähnlicher Fall wurde vor dem Oberlandesgericht Schleswig verhandelt, welches ähnlich wie das Amtsgericht Düsseldorf urteilte. Auch hier hat ein Versicherungsnehmer eine Schadensregulierung seitens des Versicherers nicht akzeptiert. Grund für die Auseinandersetzung waren Nässeerscheinungen in einer Wand, die mittels eines Gutachtens bewertet wurden. Grund für den Wasseraustritt war der Verschleiß einer dauerelastischen Fuge in der Badewanne. Der Versicherer beruft sich darauf, dass die Ursache durch Planschwasser entstanden sein muss und eine genaue Untersuchung der Schadensursache nicht mehr möglich sei.
Der Versicherer beruft sich darüber hinaus auf die Ablehnung durch Schwämme (Pilze), welches auch rechtens wäre. Doch in der Berufung stimmte das Oberlandesgericht Schleswig dem Versicherungsnehmer zu, dass der Versicherungsfall in Form eines Leitungswasserschadens eingetreten sein muss. Dabei ist das Leitungswasser bestimmungswidrig und unmittelbar ausgetreten, da der Austritt innerhalb von verbundenen Einrichtungen oder wasserführenden Teilen geschehen ist. Da sich die Dusche als verbundene Einrichtung innerhalb der Sanitäreinrichtung anzusehen ist, liegt ein versicherter Schaden vor, egal ob das Wasser und der daraus resultierende Schaden durch die Silikonfuge oder durch eine undichte Wand eingedrungen ist.
Landesgericht München (VersR 2010, 1180)
Das Landgericht München allerdings vertritt eine gegensätzliche Auffassung zu den zwei vorangegangenen Urteilen des Amtsgerichtes und des Oberlandesgerichtes.
Das Landgericht München pocht darauf, dass die Dusche nicht als verbundene Einrichtung mit dem Leitungssystem gesehen wird.
Gibt es eine höchstrichterliche Rechtsprechung?
Leider gibt es bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung seitens des Bundesgerichtshofes (BGH), der dann eine einheitliche Lösung für eine Vielzahl von Versicherten herbeiführen würde. Dennoch gilt anzumerken, dass ein BGH Urteil nicht automatisch für alle auftretenden Wasserschäden durch Fugen regeln würde. Vielmehr würde der BGH anhand eines konkret vorliegenden Falles urteilen, welches jedoch nicht automatisch alle speziellen Fälle inkludieren würde.
Ist die Leckortung versichert, auch wenn der Schaden nicht von der Versicherung übernommen wird?
Kommt es zu einem Nässeschaden innerhalb des Gebäudes, stellt sich als erstes die Frage, wo her das Wasser kommt. Um den Obliegenheiten des Versicherers gerecht zu werden, ist das Mitwirken des Versicherungsnehmers erforderlich, in dem dieser jegliche Maßnahmen einleitet, um den Schaden zu minimieren. Dies sollte zu aller erst die Leckortung sein, wenn nicht direkt ersichtlich ist, woher der Wasserschaden genau resultiert.
Wenn anschließend eine gebrochene Frischwasserleitung den Nässeschaden verursacht hat, liegt ein versicherter Fall vor, der neben den Reparaturkosten, Trocknungskosten und Widerherstellungskosten, auch die Leckortungsgebühren übernimmt.
Doch was passiert mit den Leckortungskosten, wenn der Fall nicht durch die Gebäudeversicherung gedeckt ist?
In diesem Fall hilft ein Blick in das Bedingungswerk des Versicherers. Nur die wenigsten Versicherer haben die Übernahme von Leckortungskosten bei einem nicht versicherten Schadensfall in ihren Bedingungswerken geregelt.
Für Hausverwaltungen und Besitzern von Mehrfamilienhäusern ist diese Klausel unabdingbar, um stets immer im Interesse des eigenen Besitzes zu agieren oder im Interesse der Eigentümer.
Wie gehen Versicherer in der Praxis mit den Fällen um?
Häufig ist es so, dass Versicherungsgesellschaften große und eigene Schadensabteilungen mit Juristen beschäftigen, die mit allerhand Versuchen, genau diese Art von Schäden (undichte Silikonfugen in der Gebäudeversicherung) abzuwehren. Für den Versicherungsnehmer wird erschwert, dass es hierzu keine einheitliche Regelung seitens von Gerichten gibt.
Aufgrund dessen ist es für Hausverwaltungen oder Besitzer von Mehrfamilienhäusern von großer Bedeutung, dass diese Art von Schäden im Bedingungswerk geregelt sind.
Grafenberg ist der Auffassung, dass wenn ein Schaden durch eine mangelhafte Abdichtung oder eine undichte Silikonfuge entsteht, dass es sich hierbei um einen bestimmungswidrigen Austritt von Wasser handelt. Gleichgültig ob das Wasser aus der Dusche, aus der Zuleitung oder Ableitung der verbundenen Einrichtung bestimmungswidrig ausgetreten ist. Gleiches gilt, wenn durch eine undichte Silikonfuge das Wasser am Waschbecken einen Nässeschaden in der Gebäudesubstanz verursacht.
Weiter ist Grafenberg der Auffassung, dass verbundene Einrichtungen alle Anlagen in einem Haus sind, die mit dem Rohrsystem versorgt werden. Gleichgültig ob in diesen das Wasser fließt, gebraucht oder verbraucht wird oder zu weiteren Zwecken benötigt wird.